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Ich hatte eigentlich nicht vor, in diesem Blog jemals über meine Ex-Familie und/oder meine Eltern zu schreiben. Ich denke, dass werde ich auch weiterhin nicht tun.

Aber ich möchte heute mal ein paar meiner Erinnerungen und Gefühle zu einem Thema aufschreiben, das mein Leben und mich als Person geprägt hat:

Ich bin die Tochter einer Alleinerziehenden und eines abwesenden Vaters.

Meine Kindheit
Meine Eltern trennten sich, als ich noch im Kindergarten war. In Folge dessen war ich nun offiziell das „Kind ohne Vater“. Gefühlt war ich das von Anbeginn, denn mein im Außendienst arbeitender und seit vor meiner Geburt fremdliebender Vater war eh nie da.
Ich kann mich – soweit ich zurückdenken kann – nicht an ein Vater-, Mutter-, Kind- Familienleben erinnern. Durch Fotos weiß ich, dass es das in den ersten knapp drei Jahren gegeben haben muss, aber eben nicht in meiner Erinnerung. Meine früheste Erinnerung an meine Kindheit ist, wie meine Mutter mir die Küchentür vor der Nase schließt und dann dahinter meinen Vater anschreit. Diese Szene ist eingebrannt in meine Festplatte, seit ungefähr 37 Jahren.
Danach erinnere ich mich, wie ich meine Mutter frage, wann denn der Papa kommt, der Martinszug sei ja schließlich schon losgegangen. Der Papa kam nicht. Ich erinnere mich daran, dass ich viele Samstage auf meinen Papa wartete, manchmal schon mit Jacke an. Der Papa kam nicht und meine Mutter brauchte Stunden um mich zu überreden, die Jacke wieder auszuziehen.
Manchmal kamen zu Weihnachten oder zum Geburtstag Päckchen. Ich weiß, dass ich mir mal fürs Ballett einen Anzug und eine Hose in zwei verschiedenen Farben wünschte. Ich glaube, oben schwarz, unten rot. Es kam genau falsch herum. Das weiß ich noch. Ich weiß, dass meine Mutter „dem Geld“ oft hinterher rennen musste.
Ich weiß, dass ich mit der Vollendung des 18. Lebensjahres beim Anwalt sitzen musste, weil mein Vater die Zahlungen eingestellt hatte. Das war so: Ich bekam wenige Tage nach meinem 18. Geburtstag eine Glückwunschkarte per Einschreiben, mit nachträglichen Glückwünschen und dem Satz: „teile mir bitte mit, was Du machst: Schule, Ausbildung, Beruf…“ und einer Frist von 14 Tagen. In einer Glückwunschkarte!!! Und zeitgleich wurden die Zahlungen eingestellt. Ich kürze ab: Wir sahen uns vor Gericht, er musste weiterzahlen, weil ich noch in der Ausbildung war. Vor Gericht würdigte er mich keines Blickes, was selbst meinen Anwalt damals schockierte.

Erwachsen
Ich selbst nahm mit Ende 20 Kontakt zu meinem Vater auf, der bei meiner Geburt bereits 45 Jahre alt war und von dem ich zu diesem Zeitpunkt nicht wissen konnte, ob wir aufgrund Alters und Krankheit ggfs. keine Gelegenheit haben, uns kennenzulernen. Ich wollte MIR auf jeden Fall nie den Vorwurf machen, es nicht noch einmal versucht zu haben, obwohl viele Stimmen mir rieten, es zu lassen. Ich wollte es aber. Ich führte sogar die ganze Familie wieder zusammen, vereinte ihn mit seiner Schwester – meiner Patentante – und deren Familie. Wir hatten bis zu seinem Tod einen sporadischen, verkrampften und anstrengenden Kontakt (hallo dritte Ehefrau!) und ich bin trotzdem froh, dass wir „am Ende“ noch ein wenig Zeit miteinander verbracht haben und ich ihm unter dem Eindruck seines Schlaganfalls sagte, dass ich ihm verzeihe.

Prägung
Ich wurde groß mit einem Mangel. Einem Mangel an väterlicher Liebe, an Zuwendung und Unterstützung. Mir fehlte ein männliches Vorbild und vor allem fehlte mir das Gefühl, gewollt und gewünscht zu sein. Wenn der eigene Vater über 20 Jahre lang abtaucht und die prägendsten Stationen eines Lebens wie Kindheit, Pubertät, erste Liebe, Freundschaften, Vorlieben und Neigungen des eigenen Kindes verpasst und sich dafür auch im Nachhinein nicht interessiert, dann ist dass das SCHLIMMSTE, was ein Elter seinem Kind antun kann (neben anderer schlimmer Dinge). Ich hätte mir einen Vater gewünscht, der regelmäßig von seinem Umgangsrecht Gebrauch macht, mich anruft und fragt, wie s mir geht. Mit mir in Urlaub fährt, meine Freunde kennt, mit mir Eis essen geht nach der Arbeit.

Ich wollte einmal im Leben einen Vater,
der mich in den Arm nimmt und sagt, dass er mich lieb hat.

Das ist nie passiert.

Warum schreibe ich das heute?? Weil ich eine rasende Wut auf bekennende Unterhaltsverweigerer habe. Die nur aufs Geld gucken und nicht sehen, dass dahinter kleine Menschen stehen. Auf Väter, die sich verpissen und sich nicht um ihr eigen Fleisch und Blut kümmern. Auf Väter, die Alleinerziehende, auch die Mutter ihrer Kinder, beschimpfen und die die Verantwortung für das Kind, das AUCH SIE bekommen haben, nicht wahrnehmen.

Ihr seid Schuld an schmerzenden, vielleicht nie heilenden Kinderseelen.

So wie meiner.